„Wer hier landet, erlebt die Kraft dieser ursprünglichen Landschaft. Hier ist der Mensch plötzlich Teil der Natur.“
Lockruf der Wildnis
Bereits im Alter von 9 Jahren durfte Carlo seinen Vater zur Jagd in Kanada begleiten. Seitdem hat ihn der Traum vom Leben und Jagen im faszinierenden wilden Norden Britisch Kolumbiens nicht mehr losgelassen. In den darauffolgenden Jahren kehrte Carlo regelmäßig in das idyllisch gelegene Goldgräberstädtchen Atlin zurück, dem Ausgangspunkt seines ersten Abenteuers als Jagdbegleiter. Zunächst noch in Begleitung seines Vaters, machte er sich bereits wenige Jahre später ganz alleine auf die weite Reise. Jeden durch Ferienjobs erarbeiteten Cent sparte Carlo für diese Abenteuer. Für das Outfitter-Ehepaar wurde Carlo daher fast schon zum Familienmitglied.
Zu Hause im Odenwald wartete neben der vielen Arbeit im elterlichen Hochwildrevier in erster Linie die Schule. Als Carlo später, wohl eher auf Drängen der Eltern als aus eigenem Antrieb, in Glasgow ein Studium im Bereich Betriebswirtschaft und Marketing absolvierte, glaubte eigentlich niemand mehr an die Ernsthaftigkeit, mit der er auch weitern hin sein selbst gestecktes Ziel verfolgte. Doch Carlo blieb stur auf seinem Weg. 2014 legte er in Britisch Kolumbien die Prüfung zum Jagdführer ab. Einer der wichtigsten Schritte war damit getan.
Heute arbeitet Carlo Wiese daran, seinen Lebenstraum endgültig verwirklichen zu können. Sein jetziger Chef (Outfitter) jedenfalls hält es für nicht ausgeschlossen, dass er sein Outfit zu gegebener Zeit an Carlo abtreten könnte. Carlos berufliche Laufbahn wäre dann in der Tat ganz vom Ruf der Wildnis beeinflusst worden. Wir trafen Carlo im Frühjahr und erfuhren von ihm, wie er seinen Beruf als Jagdführer in Britisch Kolumbien erlebt.
Carlo, heute sind es fast auf den Tag genau fünf Jahre, seit du hier in BC als Guide Jagdgäste führst. War das für dich, als damals noch sehr jungen Mann aus Deutschland, nicht eine immense Herausforderung?
Ja, natürlich. Geholfen hat mir aber der glückliche Umstand, dass ich in einem Hochwildrevier aufgewachsen bin und auch später in Kanada viele Jagden begleiten durfte. Dabei konnte ich viele wichtige Erfahrungen sammeln. Auch der unbedingt notwendige Jagdinstinkt entwickelt sich dadurch immer weiter.
Wie ist deine erste Jagd als Guide verlaufen?
Ich war schon ziemlich aufgeregt. Zum Glück war mein erster Gast ein jagdlich sehr erfahrener Amerikaner. Der hatte mit meiner Premiere als Guide überhaupt kein Problem und sah alles ganz locker. Vielleicht hatten wir gerade deshalb so schnell Erfolg, weil er mich in meinem anfänglichen Eifer etwas bremste und überhaupt keinen Druck aufbaute.
Gibt es denn Unterschiede zwischen Jagdgästen aus deutschsprachigen Ländern und Jägern aus den USA?
US-Jäger sind solch unglaubliche Weiten wie hier ja eher von zu Hause gewohnt und wissen, dass jede Jagd eine kleine Expedition darstellt. Deutsche Jäger, die zum ersten Mal hier sind, müssen sich dagegen erst daran gewöhnen, dass man das Wild suchen muss und dass ein Ansitz in aller Regel keinen Sinn macht. Wenn ich einem deutschen Jäger sage, dass ich noch nie in der Region war, in der wir gerade jagen, fällt der fast vom Glauben ab. Für einen Amerikaner ist das dagegen völlig normal.
Aber ist es nicht verständlich, wenn der Gast, der ja sehr viel Geld bezahlt, lieber einen Guide hat, der die Gegend ganz genau kennt?
Aus deutscher Sicht ja, das verstehe ich schon. Aber hier im Norden Kanadas sind die Jagdgebiete riesengroß, zum Teil sind das Flächen von einigen Millionen Hektar. Kein Guide kann da in jeder Ecke des Jagdgebietes gewesen sein.
Was sind denn die wichtigsten Eigenschaften, die man haben muss, um als Guide erfolgreich zu sein?
Ganz klar gute Kondition, handwerkliches Geschick, technisches Verständnis und einen ausgeprägten Orientierungssinn. Besonders wichtig sind natürlich beste Kenntnisse rund um das Verhalten des Wildes. Man muss immer und überall in der Lage sein zu erkennen, wo sich das Wild aufhalten könnte, was auch viel mit der jeweils vorhandenen Vegetation zu tun hat. Ideal ist es außerdem, wenn man die Gabe hat, auf Menschen einzugehen und sie richtig einzuschätzen. Wenn es zwischen Jagdgast und Guide harmoniert, macht die ganze Jagd gleich doppelt Spaß.
„Das Schönste ist für mich, wenn ich mit unseren Gästen die wunderbaren Naturerlebnisse teilen und sie auf der Jagd zum Erfolg bringen kann.“