Oft entstehen Schießfehler bereits vor dem Schuss. Je näher die Sekunde des
Schießens naht, umso mehr verengt sich der Blick des Schützen. Vor lauter Anspannung, Nervosität und Jagdfieber geraten wesentliche Dinge außer Acht. Deshalb sollte der Schütze dem Nachsuchenführer die Situation vor dem Schuss möglichst genau beschreiben. Dadurch lässt sich besser beurteilen, wie genau der Schütze die Gesamtsituaiton beobachtet hat.
Das Anschuss 1×1
Wo stand der Jäger beim Schuss?
Diese Frage ist enorm wichtig, um den Anschuss zu lokalisieren. Vom Hochsitz aus erübrigt sich diese Frage. Doch am Boden wird es schwieriger. Oft genug vergisst der Schütze, an welchem Baum angestrichen wurde. Eine gute Beobachtungsgabe des Hundeführers kann dann helfen:
Abgeknickte Vegetation, Zigarettenstummel oder gar Patronenhülsen sind hier sichere Indizien.
Wo stand das Wild?
Hat der Jäger sich den Standort des Stückes beim Schuss eingeprägt, gestaltet sich die Anschusssuche relativ einfach. Häufig stellt sich aber die Situation anders dar. Durch den verengten Blickwinkel aufs Wild ist plötzlich nicht mehr sicher, wo das Stück stand. Springt es nach dem Schuss ab, beeinflusst das die Wahrnehmung des Schützen, was wiederum zu Unsicherheit über den tatsächlichen Standort des Wildes führt. Im Wald helfen hier markante Steine, Bäume und andere Geländemarken. In der freien Landschaft hingegen geben höchstens Geländemerkmale wie Bodenwellen, Bewuchsänderungen oder Wege Hilfspunkte, um die Position des Wildes und den Anschuss einzugrenzen.
Tipp: In diesem Fall kann man sich
deutlich hinter dem vermuteten Anschuss in Richtung einer vorher eingeprägten Geländemarke begeben. Von dort wird immer wieder zum markierten Schützenstandort gepeilt und sich diesem langsam genähert. Auf dieser Linie findet man den etwaigen Anschuss.
Wie stand das Wild?
Breit oder leicht spitz? In der Ebene oder leicht abschüssig? Welche Körperseite wurde beschossen? Die Antworten auf diese Fragen lassen Rückschlüsse darauf zu, welche Körperteile getroffen wurden und welche Pirschzeichen gefunden werden können. Liegt beispielsweise Darminhalt am Anschuss und stand das Stück im Schuss schräg, könnte der Schuss trotzdem in der Kammer sitzen. Stand das Stück aber breit, ist eher von einem nicht sofort tödlichen Treffer auszugehen.
Wo ist der Schütze abgekommen?
Es bedarf gewisser Routine und Erfahrung, um die genaue Position des Absehens beim Schuss benennen zu können. Häufig führt die Anspannung vor dem Schuss dazu, dass der Jäger sich diesen Bruchteil einer Sekunde nicht einprägen kann. Ein Mucken kann die gleiche Folge haben. Ein weiterer Vorteil von Schalldämpfern, die hier wie ein „Stressdämpfer“ wirken: Sie mindern den Mündungsknall, den Rückstoß und das Mündungsfeuer und schalten somit alle waffenseitigen Stressfaktoren aus, die den Jäger davon abhalten könnten, durchs Feuer zu schauen.
Wie hat das Wild gezeichnet?
Jeder Jäger kennt die Lehrbuchtafeln über das Zeichnen des Wildes. Doch die Realität sieht häufig anders aus. Die besagten Skizzen entstanden zu Zeiten, in denen fast nur Kaliber wie die alte Försterpatrone 9,3×72 R und langsamere Teilmantelgeschosse verwendet wurden. Dadurch ließen sich gewisse Regelmäßigkeiten feststellen. Bei der heutigen breiten Angebotspalette an Kalibern, Laborierungen und Geschossen lassen sich aber nicht wirklich Regeln ableiten. Außer einer: Das Wild weicht dem Schmerz aus oder krümmt sich zum Schmerz hin. Das Zeichnen kann ein Indiz sein, muss es aber nicht.
Wie sprang das Stück ab?
Wesentlich mehr Hinweise als das Zeichnen kann die Flucht des beschossenen Stückes liefern. Flüchtet es panisch, orientierungslos oder unauffällig? All diese Beobachtungen ermöglichen eine erste „Diagnose“. Ein weiterer Hinweis ist die Stelle, an der das Stück aus dem Sichtbereich des Jägers verschwand. Dort finden sich häufig Pirschzeichen. Wenn es dunkel ist, muss der Jäger Fluchtrichtung, Lautäußerungen und Bewegungsabläufe über das Gehör wahrnehmen. Schwierig wird das bei abgehenden Rotten oder Rudeln.
Kugelschlag
Kugelschlag entsteht immer, egal ob das Projektil in den Wildkörper oder in die Erde einschlägt. Wenn das beschossene Stück nicht liegt, ist es völlig unerheblich, ob der Jäger einen Kugelschlag gehört hat oder nicht. Eine Kontrollsuche muss immer erfolgen, wenn das Stück nicht liegt.
Kugelriss
Der Kugelriss lässt sich am ehesten finden, wenn man sich von hinten dem Anschuss nähert. Welche Aussage liefert er?
Gefehlt? Falsch. Er besagt lediglich, dass an dieser Stelle das Restprojektil, das Projektil selbst oder auch ein Knochensplitter die Bodenoberfläche aufgerissen hat. Nützlich ist dieses Indiz, um später den Treffersitz am Wild näher zu bestimmen. Wird er gefunden, wird der Kugelriss sofort deutlich markiert. Ein Helfer wird nun an die Position gestellt, an der das Wild im Schuss stand, was die Schaleneingriffe im Boden bestätigen können. Anschließend wird vom Beginn des Kugelrisses dorthin gepeilt, wo der Gewehrlauf bei Schussabgabe war. Bringt der Helfer nun seine flache Hand in diese Visierlinie, zeigt er damit die Höhe des Treffersitzes auf dem Wildkörper. Ist die Größe de Wildes bekannt (Rehwild etwa 65 bis 75 cm) ist ein Indiz für den Treffersitz gefunden.
Ruhe nach dem Schuss
Nach dem Schuss gilt: sofort repetieren und Ruhe bewahren, denn beschossene Stücke, die nicht tödlich getroffen wurden, verhoffen oft nach kurzer Flucht und orientieren sich neu. Dabei kann das Stück eventuell nochmal beobachtet und erlegt werden. Geht der Jäger mit Getöse direkt zum Anschuss, verknüpft beobachtendes Wild den Schuss sofort mit dem Menschen. Müdet der Jäger dadurch das kranke Stück auf, flüchtet es auch mit schwerer Verwundung häufig noch über weite Strecken.
Zum Anschuss
Der alte Zopf „Lautlos zum Anschuss“ muss unbedingt abgeschnitten werden. Denn der lautlos pirschende Jäger verschreckt das Wild weit mehr als der schnaufende Jogger oder die quasselnden Wanderer. Das Wild hat sich vielerorts daran gewöhnt. Deshalb kann man den Anschuss ruhig redend angehen. Das im Wundbett sitzende Wild nimmt den Jäger so eher und besser kalkulierbar wahr und wird maximal kurz flüchten, aber nicht in panischer Flucht weite Strecke zurücklegen.
Schweiß und Pirschzeichen
Befinden sich im Schweiß keine weiteren Organbestandteile, ist er meist nicht wirklich aussagekräftig. Eher liefern andere Pirschzeichen Aufschluss über den Treffersitz. Knochensplitter, Schnitthaare oder Muskelfasern geben weit mehr Aufschluss.
Nach(t)suche
Grundsätzlich gilt: Nachsuche ist keine Nachtsuche und nur Tageslicht ist Nachsuchenlicht. Ausgenommen davon sind
kurze Totsuchen, sofern diese nicht in undurchdringliches oder steiles, sumpfiges oder rutschiges Gelände führen. Wird der Anschuss bei Nacht kontrolliert, geht man der Fährte maximal 150 Schritt nach. Liegt das Stück dann nicht, sollte man abbrechen und bei Tage suchen.
Prinzipiell gibt es nur zwei Treffersitze, die eine nächtliche Suche erlauben:
1. Der Kammertreffer, der durch Lungenteile am Anschuss und im Schweiß deutlich erkennbar ist.
2. Der Pansenschuss beim Rehwild, den man bereits am
Geruch erkennt.
Weitere Informationen und Literatur unter
www.schweisshundestation-suedschwarzwald.de